Von Arusha zum Lake Natron … aber es kam alles anders

Am Mittwoch brachen wir dann mal wieder mit einiger Verspätung (dieses Packen der Koffer wird zum Grauen, wir werden uns neu organisieren müssen…) zum Lake Natron auf.
Vor uns lagen etwa 240km, davon 120 km „Highway“, gesicherter Teer, danach erwarteten wir Gravel.
Die ersten 120 km verliefen ziemlich öde, aber wir erreichten innerhalb von 3 Stunden, mit einem kleinen Frühstücksstopp – Hühnersuppe und „Kaffee“ – die letzte „Stadt“ vor dem Lake Natron.

Zum Thema Kaffee
Kaffee ist ja ein eigenes Thema: Es ist unerklärlich, warum sowohl in Kenia als auch in Tanzania, Länder, die astreinen Kaffee anbauen und exportieren, kein vernünftiger Kaffee angeboten wird, maximal fieser Instantkaffee, im Falle unseres Frühstückshaltes wurde der Instantkaffee zudem noch in starkgezuckerten Rosenwasser aufgelöst. Jetzt könnte man fragen, warum wir nicht unseren eigenen Kaffee kochen, denn schließlich haben wir ja unseren eigenen italienischen Espresso-Maker und auch unseren Campingkocher, der mit abgepumpten Benzin aus dem Motorrad funktioniert, dabei. Jedoch verhielt es sich so: Die gemahlenen Kenia-Arabica-Bohnen haben sich bereits nach der ersten Wellblechstrecke in einem Seitenkoffer verteilt, der Campingkocher selbst funktioniert nicht mehr so richtig und zusätzlich russt er so stark, dass in dem besagten Seitenkoffer sich ein Ruß-gemahlenen Bohnen-Gemisch befand. Unterstrichen wurde dies mit dem Geruch des Gummies der Ersatzschläuche und des Sprits des Benzinschlauches. Bereits im Amboseli-NP war klar, dass sowohl Camping- als auch Espresso-Kocher entsorgt werden würden.

Zurück zu unserem Trip: Nachdem wir die Stadt verließen, ging es auf ganz passablen Gravel weiter. Wir kamen unerwartet zügig voran. Die Landschaft war einmalig.


Wir fuhren durch die Savanne, mit Blick auf den Ngorongoro-Krater, passierten riesige Zebra-Herden und die obligatorischen Kühe, Schafe und Ziegen, gehütet zumeist durch Masai-Kinder (die Kinder der Masai gehen in Tanzania nicht alle zur Schule, stattdessen hüten sie schon früh die Viehherden) bis wir das Massai-Dorf bei Engaruka erreichten. Die „Straße“ zum Lake Natron führt durch drei Masai-Dsitrikte, in Engaruka passierten wir das erste, an dessen Grenze wir pro Person 10 US$ Wegezoll (offiziell) bezahlen mussten. Dieses taten wir auch.
In Engaruka dachte ich noch darüber nach, eine Pause einzulegen und ein Kaltgetränk zu mir zunehmen, aber Carsten, der Pausen eher als überflüssig ansieht, meinte, dass wir, wenn die Piste so weiter läuft, die nächsten 50km in 2 Stunden schaffen könnten und sehr früh am Lake Natron ankommen würden (also gegen 14.00 Uhr) und dort genügend Pause machen könnten.

Aber es kam alles anders.
Also mit der Hühnerbrühe und dem Rosenwasserkaffee von 8 Uhr morgens im Magen ausgestattet, fuhren wir weiter, aber die Wegstrecke wurde nun echt anspruchsvoll – ein Wechsel zwischen Wellblech-, Geröll- und Sandpiste. Manchmal auch alles drei zusammen.
Mich hatte es in den folgenden drei Stunden und nur etwa 30 km – also etwas mehr als die Hälfte der Strecke – bereits 2 mal vom Motorrad geschmissen, meine Seitenkoffer sahen inzwischen auch nicht mehr neu aus und hatten bereits ihre Quaderform in eine eigene Struktur verändert, erreichten wir einen neuen Masai-Distrikt, gekennzeichnet durch einen Schlagbaum und einem Wächter, der wiederum 20 US$ von uns für die Community forderte. Auf Nachfrage erfuhren wir, dass dies nicht die letzte Toll-Station wäre, würde eine neue folgen. Genervt von der Wegstrecke und der Aussicht, insgesamt 60US$ für den Weg zum Lake Natron blechen zu müssen (übertrifft ja jede europäische Maut-Gebühr) entschieden wir uns für den Rückweg, um stattdessen zum Lake Manyara NP zu fahren. Da es mittlerweile 14.45 Uhr war, bedeutete dies, den Rückweg auf der ätzenden Strecke recht zügig vorzunehmen.
Ich war schon recht erschöpft und war mir bereits unsicher, ob das zeitlich, in meiner körperlichen Verfassung bei etwa 40 Grad ohne Schatten in der Savanne zu schaffen sei.

Und es war es nicht. Denn etwa 10 Minuten später verlor ich auf der Sandpiste die Kontrolle über mein Motorrad, konnte es aber wieder irgendwie wieder kontrollieren „Du musst einen Gasstoß geben, dann stabilisiert sich das Motorrad wieder“, so Carsten, klappte auch, also mit 40 km durch den Sand, bis der Felsbrocken im Weg lag… Mein Motorrad machte einen super Stunt, ich machte ebenfalls einen Stunt in den Sand.
Mein Lenker war danach nicht mehr wirklich in der Balance, die linke Seite war etwa 15cm sowohl horizontal als auch vertikal im Vergleich zur rechten Seite versetzt.
Aber wir hatten ja keine Zeit… Nach kurzem Aufrappeln und einem kurzem Vorschlag der Kapitulation vor dem Afrika-Trip setzte ich mich wieder auf das Bike. Carsten meinte, dass ich doch so damit versuchen sollte zu fahren, wir könnten schließlich ja nicht im Nirgendwo der Savanne bleiben, startete ich mein Motorrad und kam mit diesem Lenker nicht einen Meter, bis es mich wieder vom Motorrad warf. Auch Carsten versuchte dann sein Glück, aber kam auch nicht wirklich weit. Es war unter keinen Umständen mehr möglich, dieses Motorrad in diesem Zustand über diese Piste zu lenken.
Es gab also zwei Alternativen: Entweder wir warteten gemeinsam, dass ein Truck oder Pick-Up vorbei kommt, auf welchen wir mein Motorrad zumindest bis Engaruka aufladen können oder ich warte alleine und Carsten fährt nach Engaruka zurück, um Hilfe zu holen. Da die erste Alternative nur eine geringe Wahrscheinlichkeit auf Erfolg versprach, entschieden wir uns für die zweite. Zur Sicherheit behielt ich den Campingsack mit Zelt bei mir, falls Carsten es nicht bis Einbruch der Dunkelheit schaffen sollte (die Aussicht, dass ich alleine die Nacht in der Savanne verbrachte, auch wenn ich dann vielleicht sogar einem meiner Lieblingstiere, den Hyänen, sehr nahe sein könnte, fand ich nicht so berauschend).
Aber Carsten schaffte es und kehrte mit einem Pick-Up und drei Massais zurück. Einer der Jungs setzte sich den auf mein Motorrad und fragte uns, was denn damit sei, sei doch super, so gut wie neu, startetet das Motorrad und nach etwa 10 Metern Eingewöhnung an die Lenkung, brauste er über die Piste davon. Irgendwie deprimierend.
Nun gut. Ich sprang also auf den Pick-Up und wir fuhren zurück ins Dorf.
Wir konnten dann die Nacht beim Dorfvorstand Onesmo – demokratisch durch die etwa 600-Einwohner-Gemeinde gewählt – verbringen. Wir schlugen dort unser Zelt auf und wurden mit Masai-Tee und Essen durch seine Familie versorgt.

Onesmo lebt sowohl mit seiner Frau und seinen Kindern als auch mit seinen Geschwistern und seinen Eltern in zwei kleinen Lehmhäusern. Mit seinem Vater und Mollel, einem der Masai, die uns mit dem Pick Up aus der Savanne aufgesammelt hatten, unternahmen wir am nächsten Morgen einen Spaziergang zu den Engaruka-Ruinen und besuchten den monatlichen Ziegenmarkt der Massais.
Danach wurde mein Lenker gerade gebogen, so dass Carsten und ich wieder aufbrechen konnten.

Zurück nach Nairobi – Neuer Lenker für Anja und neuer Rückspiegel für Carsten

Wir entschieden uns, so schnell wie möglich auf die geteerte Hauptstraße zu gelangen, um zurück nach Nairobi zu fahren, anstatt direkt nach Masai Mara. Wir hofften darauf, in Nairobi einen neuen Lenker für Anja zu finden und einen Rückspiegel inklusive Halterung für Carsten, da auch Carstens Bike Federn gelassen hatte. Außerdem wollten wir unbedingt Gepäck loswerden, da zum einen das allmorgendliche Gepacke ziemlich nervig war, zum anderen es besonders für Anja schwierig war, mit soviel Gewicht durch Gelände zu fahren.

Also los zurück zu unseren neuen Freunden Joan und Dos.
Wir erreichten am Nachmittag die Grenze (Namanga), die Ein- und Ausstempelei war auch wieder in etwa 1 1/2 Stunden erledigt und übernachteten direkt in Namanga auf kenianischer Seite, wo Carsten sich beim Chicken-Curry die erste Magen-Darm-Seuche einfing und es ihm am nächsten Tag Richtung Nairobi auf dem Motorrad ziemlich elend ging. Das wurde auch noch durch gefühlten 40 Grad im Schatten und dem zweistündigen Stop and Go auf der Autobahn nicht wirklich besser. Als wir bei einem BMW-Händler durch Zufall vorbeikamen, stoppten wir wegen des Lenkers, aber die Lieferzeit hätte etwa 10-15 Werktage gedauert und die Lenkstange das Dreifache von Preis direkt in Deutschland bei BMW gekauft. Aber die Jungs in der Werkstatt bogen meine Fußraste wieder gerade und befestigten diese wieder so, dass ich vernünftig schalten konnte.
Carsten ist unterdessen fast vom Stuhl gekippt, weil es ihm so elend ging.

Wir fuhren danach zu Joan und Dos, wo Carsten sich auskurieren konnte und wir aber auch aussortierten. Das Paket (etwa 8 kg), was Benzinkocher, Hammer, meinen Tankrucksack, Carstens Rucksack und einige elektronische Gimmicks enthielt, sollte per DHL 290 Euro nach Deutschland kosten. Glücklicherweise wollte Anne, eine Freundin von Dos und Joan, gerade wieder nach Deutschland aufbrechen und konnte unsere Sachen mitnehmen. Carsten packte mit Wehmut auch seine nieselneue Drohne mit in das Paket. Wie der Zufall es so will, wohnt Anne geschickter weise sogar in Hamburg. 🙂
Am Sonntag sollte es Carsten besser gehen und wir wollten nach Masai Mara aufbrechen. Problem war jedoch immer noch der zwar zurückgebogene Lenker, der sich beim nächsten Sturz sehr wahrscheinlich wieder verziehen würde, aber auch hier hatten wir Glück. Wir entstanden von einem Mechaniker eine gebrauchte Lenkstange ein F650. Sollte passen.
Ach ja, auch einen Schmied hat Dos für uns ausfindig machen können, der unsere nahezu zerstörten Seitenkoffer ebenfalls wieder reisetauglich und verschließbar reparieren konnte.

Am Sonntag Morgen ging es dann – auskuriert – los durch das Rift Valley nach Masai Mara.

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