Von Katavi nach Kipili: Beachtime in der Lake Shore Lodge am Lake Tanganyika

Dienstag/Mittwoch, 11/12. Juli 2017
Am Dienstagmorgen ging es nach einem Frühstück (die obligatorischen Eier auf Toast plus unsere Ananas) weiter Richtung Kipili.
Die Hauptstraße führt die ersten 50 Kilometer durch den Katavi Nationalpark. Auf dieser Hauptverbindungsstraße war es erlaubt, mit einem Motorrad durch einen Nationalpark zu fahren, wobei Hauptstraße nicht mit der deutschen Auslegung interpretiert werden darf.
Es handelt sich dabei um eine Piste, die zwischen festem Lehm, Lehm mit tiefen Schlaglöchern und Steinen sowie teilweise sehr tiefem Sand wechselt, einen Umstand, den wir aber erst später gewahr wurden.
Denn die ersten zehn Kilometer waren gut zu fahrender Tarmac (fester Lehm). Aufgrund der guten Piste waren wir mit einer annehmbaren Reisegeschwindigkeit von 60-70 km/h unterwegs. Anja fuhr hinter Carsten, wir schnackten miteinander über die Kommunikationsverbindung und fragten uns, ob wir Löwen sehen würden und wurden unaufmerksam.
Aufmerksam wurden wir erst, als es zu spät war und wir uns auf einem etwa 200 Meter langem Stück mit bis zu 30 cm tiefem Sand wiederfanden. Anja hörte nur „Shit“ von Carsten, der daraufhin in einer Staub-und Sandwolke verschwunden war.
Zwischen Anja und Sand wird nie eine Freundschaft entstehen
Carsten schaffte es auf die Fußrasten und mit kräftiger Beschleunigung durch den Tiefsand zu kommen, Anja dahinter hatte keine Chance, sie war zu nah und sah in dem Staub wirklich nichts mehr. Das Unvermeidliche nahm seinen Lauf: Sturz im Sand, mit Rutschpartie bäuchlings durch den Sand über gefühlte fünf Meter. Anja ist nichts passiert, dafür war der Sand zu tief. Als Anja sich wieder aufgerappelt und den Mundvoll Sand ausgespuckt hatte und auch Carsten den Sturz hinter sich realisierte: „Oh, du liegst?!?“ begutachteten wir die Ausbeute: Diesmal hatte es das Cockpit der BMW getroffen, es war arg in Mitleidenschaft gezogen, Scheinwerfer beschädigt, Blinker lag im Sand und ein Spiegel hatte sich samt Halterung verabschiedet. Super. Diesmal können wir den Materialverschleiß aber nicht BMW zuschreiben.
Es hielt ein Truck. Wie immer reduzieren die Rennfahrer die Geschwindigkeit, wenn irgendetwas nicht in Ordnung erscheint und bieten Hilfe an. Der Fahrer hatte durchsichtiges Klebeband dabei, mit dem der Schweinwerfer notdürftig fixiert werden konnte. Den Rest erledigten die Kabelbinder (davon kann man nie zu viel mit sich führen).

Nach dieser ungewollten Pause ging es weiter Richtung Kipili.
Bereits die Straße im Nationalpark war durchgehend gesäumt von verbranntem Gelände, teilweise kokelte es noch am Straßenrand.
Buschfeuer werden von den Anwohnern gelegt, um besser jagen zu können (in der, ansonsten um diese Jahreszeit mit schulterhohem Savannengras bewachsenen Gegend, ist das Wild sonst nicht aufzuspüren) oder kurzfristig bessere Ernteergebnisse zu erzielen. (Durch die Brandrodung wird jedoch der Boden dauerhaft geschädigt). Dass weder Brandrodung noch Jagen legal ist, interessiert aber anscheinend keinen.
Als wir den Nationalpark verließen, wurde die Umgebung immer schlimmer, man hatte den Eindruck, dass das Land komplett abbrennt oder abbrennen wird. Überall Aschefelder mit Baumskeletten, der Gestank von Verbrannten war kaum aus der Nase zu bekommen.

Eigentlich hatten wir gehofft, am frühen Nachmittag in Kipili anzukommen und den Rest des Tages am Strand zu genießen. Nachdem wir einen kurzen Tank-und Cola-Stopp in Namanyere eingelegt hatten und uns mit ein wenig Bargeld versorgen konnten, ging es auf einer astreinen Tarmac-Piste weiter. Wir hofften, dass die letzten 60km so bleiben würden, um, wie gesagt, möglichst früh das Camp zu erreichen.

Aber wie immer war uns der Nachmittag am Strand nicht gegönnt.
Etwa nach 30 km, in der Mitte vom Nichts (außer verbrannte Savanne gab es wirklich nichts) hatte Anjas BMW den zweiten Platten auf dieser Tour („Carsten, irgendwie fährt mein Motorrad komisch“, „Du hast einen Platten hinten.“)
Puh. Damit hieß es in 40 Grad im Schatten den Schlauch wechseln.
Wir überlegten, ob wir den Schlauch an Ort und Stelle per Hand wechseln oder die Lodge anzurufen sollten, damit ein Pick Up gesendet wird. Zweites erschien etwas einfacher, scheiterte aber daran, dass wir kein Mobilempfang hatten.
Also war Schlauchwechsel angesagt. Das Hinterrad war schnell ausgebaut, die eine Seite des Mantels war schon aus dem Felgenbett, die andere Seite sträubte sich aber dann vehement, auch unter Zuhilfenahme des Seitenständers.
Wir überlegten dann, ob Carsten die 30km zurück nach Namanyere fahren sollte, um dort den Schlauch mit Hilfe der überall vertretenden Boda Boda Werkstätten zu wechseln.
Jedoch kam dann das erste Fahrzeug seit der Panne m die Kurve, ein vollbesetzter „Linien“-Bus, der dann anhielt. Der Busfahrer fragte gar nicht erst, ob wir Hilfe benötigten, sondern alle Männer stiegen aus dem Bus aus und geschätzte 100 helfende Hände standen bereit. Mit Hilfe von vier Personen haben wir es dann geschafft, den Mantel soweit von der Felge zu ziehen, dass der Schlauch entfernt und ein neuer Schlauch eingezogen werde konnte.
Wir versorgten zwischenzeitlich die Fahrgäste mit Erdnüssen, Bon Bons und Zigaretten. Es gab tatsächlich kein Fahrgast, der sich über die ungeplante Pause von etwa 60 Minuten, weil insbesondere der Busfahrer tatkräftig den Schlauchwechsel unterstützte, beschwerte. In Deutschland wäre eine solche Situation undenkbar.
Mit unserem Kompressor konnten wir ausreichend Luft in den Reifen pumpen, so dass es endlich nach etwa zwei Stunden weitergehen konnte Richtung Kipili.


Die letzte Passage zwischen Kipili und Lodge hielt dann noch eine wirklich steile Geröll-Auf- und Abfahrt bereit, die wir aber ohne weitere Stürze oder Pannen passierten.
Belohnt wurde da Ganze mit einer wunderschönen Lodge, direkt am Strand, wo wir dann für zwei Nächte unser Zelt aufschlugen.

Lake Shore Lodge

Kipili selbst ist ein typisches kleines Fischerdorf. Die Unterschiede zwischen dem Leben im Dorf und in der Lodge werden schnell sichtbar.

Kipili

Die Inhaber, Louise und Chris, luden uns zu einem Sunset-Dinner auf einer vorgelagerten Insel ein. Nach einer kurzen Bootsfahrt warteten dort ein Lagerfeuer und ein gedeckter Tisch auf uns.
Unter blutrotem Vollmond und einem fantastischen Sternenhimmel genossen wir ein geniales Essen und leckeren Wein.
Den traurigen Grund für diese Einladung erfuhren wir dann beim Dinner. Chris Schwester ist drei Tage zuvor an Krebs verstorben. Er war mehrere Wochen in Südafrika, um sie auf ihrem letzten Weg zu begleiten. Anstatt zu der an diesem Tag stattfindenden Beerdigung zu reisen, hatten Chris und Louise sich entschlossen, lieber an diesem Ort eine Gedenkfeier abzuhalten. Sie wollten ihrer freudig gedenken.

Den nächsten Tag verbrachten wir entspannt mit einer Bootstour zu vorgelagerten Inseln zum Schnorcheln und beim Boccia-Spiel.


Eigentlich hätten wir uns der Reparatur der BMW widmen müssen. Aber glücklicherweise war die Lodge mit einer hauseigenen Werkstatt ausgerüstet (für die eigenen Fahrzeuge und Quads) und die Mechaniker (eigentlich das Personal der Lodge mit Allround-Geschick) waren glücklich, etwas zu tun zu bekommen.
Am Abend war die BMW wieder komplett einsatzbereit, der Mantel wurde noch mal auf spitze Steine oder Dornen von innen gecheckt, der alte Schlauch wurde geflickt, der Blinker und der Spiegel wieder angebaut und das Cockpit und der Scheinwerfer fixiert. Wir nutzten die Gelegenheit, auch den Rückspiegel von der KTM provisorisch anbringen zu lassen.

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